Augustus und Livia − ein Herrscherpaar neuen Stils
 
Augustus, Octavians-Typus. La Alcudia
Livia, Typus Kopenhagen 615. Kopenhagen, NCG
Vor der Zeit des Augustus spielten Frauen in der Politik Roms keine öffentliche Rolle, denn sie konnten nicht wählen und auch nicht in politische Ämter gewählt werden. Dies änderte sich im 1. Jahrhundert v. Chr., denn die Allianzen, die durch Heirat geschlossen wurden, waren nun Thema der öffentlichen Selbstdarstellung führender Politiker. Hinzu kam, dass die Rolle der Frauen als Mütter von möglichen Nachfolgern wichtig wurde, als die Macht im Staat auf eine Dynastie überging. Darum mussten neue Formen der Darstellung von Frauen gefunden werden.
 
Livia gehört zu den ersten Damen, die mit Individualporträts geehrt wurden. Der Entwurf dieser Bildnisse entstand in der Zeit, als ihr Mann noch als Octavian in die Bürgerkriege der Zeit verwickelt war. Sie trägt in ihren frühen Porträts eine der aufwendig arrangierten Modefrisuren, die in dieser Zeit erstmals zu beobachten sind: Die Haare werden zu einem Stirnbausch, Zöpfen und Wellen frisiert, und schließlich in einem Nackenknoten zusammengefasst. Es ist bekannt, dass zu diesen Frisuren kostbarer Schmuck gehörte; doch Livia verzichtet in ihren Bildnissen darauf, wohl mit Rücksicht auf die von ihrem Ehemann proklamierte Rückkehr zur republikanischen Schlichtheit. Jeder Anschein von königlichem Luxus sollte vermieden werden.
 
Bildnis des Augustus capite velato
Livia, Ceres-Typus. Bochum
 
Hermenbüste des Doryphoros
Hermenbüste einer Amazone
 
Wie das Porträt des Augustus in den Jahren seiner unangefochtenen Alleinherrschaft wurde auch das Bildnis der Livia in ihren späteren Jahren in eine zeit- und alterslose Form überführt, die sich an den bewunderten Formen der griechischen Klassik orientierte. Wir sehen nicht mehr die modisch frisierte junge Frau, sondern die große Dame, die wie eine Göttin oder mythischen Figur erscheint. Dazu eignet sich die schlichte Mittelscheitelfrisur der späteren Porträts der Livia.
 
Als Augustus Tiberius, den Sohn Livias aus erster Ehe, 4 n. Chr. adoptierte und dieser so zum Thronfolger wurde, festigte sich Livias Stellung weiter.
 
Damit hatte sich das iulische Geschlecht des Augustus nun endgültig mit dem claudischen Geschlecht der Nachkommen der Livia zur iulisch-claudischen Dynastie verbunden.
 
Ein Denkmal dieser Zeit ist eine Gruppe von Büsten aus Ägypten in Kopenhagen. Sie zeigt neben Augustus den Thronfolger Tiberius und dessen Mutter Livia, die die Verbindung zwischen den beiden Männern herstellte.
 
Livia, Typus Kopenhagen 615. Kopenhagen, NCG
Büste des Augustus
Tiberius, Adoptions-Typus. Kopenhagen, NCG
 
Stell dir vor, du müsstest einem antiken Bildhauer den Auftrag geben, ein Individualporträt der Livia herzustellen. Schreibe ihm vorab genau auf, welche Merkmale dieses Porträt unbedingt aufweisen muss.
 
 Sammlung  E-learning  Quellen  Literatur
 
 
 
 
Paul Zanker: Augustus und die Macht der Bilder. Beck, München, 1998
Werner Eck:: Augustus und seine Zeit. Beck, München, 2003