Das Bild Alexanders in antiker Literatur und Kunst
 
Bildnis Alexanders des Großen
Die Gestalt Alexanders bewegte die Phantasie von Zeitgenossen und Nachwelt. Die Taten des jugendlichen Königs waren so unglaublich, dass es beinahe nichts gab, was man ihm nicht zutraute. Es gab Geschichten, in denen er Fabelwesen in fernen Ländern traf oder tief unten im Meer wanderte. Legendär sind auch Berichte über Treffen mit anderen berühmten Zeitgenossen, z.B. dem Philosophen Diogenes. Alexander soll Diogenes in seiner "Tonne" besucht haben; zum Schluss des Gespräches fragte er ihn nach einem Wunsch. Diogenes antwortete darauf nur: "Geh mir ein wenig aus der Sonne". Alexander war beeindruckt und rief seinen Begleitern zu: "Wahrlich, wäre ich nicht Alexander, ich möchte wohl Diogenes sein." Es ist unwahrscheinlich, dass König und Philosoph einander je begegnet sind. Die Anekdote charakterisiert jedoch treffend den Unterschied zwischen dem König im vollen Bewusstsein seiner Macht und dem Philosophen, der dafür nur leise Verachtung übrig hatte.
 
Gemme Diogenes in der Tonne
Die Geschichte deutet an, warum seriöse Autoren von der Antike bis heute Alexander ganz unterschiedlich beurteilen. Es gibt Bewunderer, die in ihm den großen Staatsmann sehen, der große Pläne hatte, die zum Teil erst nach seinem Tod verwirklicht wurden: Der Historiker Diodor(Diodorus Siculus), griechischer Geschichtsschreiber des 1. Jahrhunderts v. Chr. aus Sizilien; verfasste eine Weltgeschichte in 40 Büchern (15 davon sind erhalten). schreibt, dass Alexander dank seiner Klugheit und Tapferkeit die Leistungen aller anderen Könige übertraf. Mit seinen Eroberungen in Europa und Asien erwarb er verdient weithin reichenden Ruhm, der ihn den HeroenBezeichnung für die zwischen Göttern und Menschen stehenden Helden; Halbgötter, die große Taten vollbringen. und Halbgöttern aus alter Zeit gleichstellte.
 
Der Historiker Arrian(Flavius Arrianus), wurde um 95 n. Chr. in Nikomedia (Bithynien) geboren, griechischer Schriftsteller. Sein Werk "Anabasis" ("Der Zug ins Landesinnere") in 7 Büchern ist die wichtigste Quelle für den Indienzug Alexanders des Großen. Arrian starb um 175 n. Chr. in Athen. schreibt in seiner Geschichte Alexanders des Großen: "Er war von schöner Gestalt und hatte große Ausdauer; sein Geist war durchdringend, sein Mut außerordentlich; niemand liebte Ruhm und Gefahr mehr als er, niemand war sich seiner Pflichten gegenüber den Göttern bewusster. Er verstand es perfekt, die Wünsche seines Fleisches zu beherrschen und zeigte sich nur unmäßig in seiner Gier nach Gütern des Geistes, denn sie allein gereichen zu Ehre." Arrian lebte lange nach Alexander in der römischen Kaiserzeit.
 
Andere sehen in Alexander den Gewaltherrscher, der seine eigenen Leidenschaften nicht im Griff hatte: So schreibt der römische Philosoph Seneca, dass Alexander geistig umnachtet war, weil er Griechenland unterworfen hatte − das Land, wo er selbst erzogen worden war. Statt sich mit dem Unglück all jener Staaten zufrieden zu geben, die bereits sein Vater unterworfen hatte, zog Alexander weiter mit seinen Waffen durch die Welt. Dabei machte er in seiner Grausamkeit vor nichts halt, ganz wie jene Bestien, die mehr reißen, als ihr Hunger verlangt.
 
Von Anhängern wie Gegnern werden Geschichten überliefert, in denen es um Alexanders übermäßigen Weingenuss geht; im Jähzorn und Rausch erschlug er sogar einen seiner besten Freunde. Für Gegner Alexanders war solches Verhalten nicht zu entschuldigen; seine Anhänger versuchten diese Berichte als Übertreibungen abzutun.
 
Plutarchgriechischer Schriftsteller, lebte von 46 bis 125 n.Chr. Erhalten sind u.a. seine 44 Biographien, die je einen Griechen und einen Römer vergleichen; er verfasste auch zahlreiche naturwissenschaftliche, theologische, philosophische und ethische Schriften. berichtet über Alexander, er sei dem Wein gar nicht so sehr zugetan gewesen, wie man allgemein dachte. Vielmehr führte er bei gefülltem Becher lange Gespräche, wenn er Zeit dazu fand. Sobald nämlich Aufgaben an ihn herantraten, hielten ihn weder Wein, noch Schlaf, noch Hochzeit oder Schauspiel davon ab, wie es bei anderen Feldherren oft der Fall war. Das beweist nach Ansicht Plutarchs schon Alexanders Leben, welches so kurz war und trotzdem mit so vielen großen und ruhmvollen Taten gefüllt war.
 
Bildnis Alexanders des Großen
Alexander, Typus Akropolis - Erbach. Erbach
Beide Parteien konnten sich in ihrem Urteil auch auf die Porträts Alexanders berufen: Die Züge, die seinen Anhängern als äußere Zeichen seines außergewöhnlichen und heldenhaften Charakters galten, wurden von seinen Gegnern als Bruch mit den Traditionen verstanden, die auch einen König zur Mäßigung verpflichteten. Zu diesen Zügen gehören die leidenschaftliche Mimik und Bewegung der Alexanderporträts. Die leidenschaftlich zusammengezogene Stirn wurde bei Herrschern, die Alexander nachahmten, als Zeichen für ihren zornigen und tyrannischen Charakter interpretiert.
 
Du hast gelesen, wie gegensätzlich antike Autoren über Alexander d. Großen berichten. Überlege, wie du Alexander eingeschätzt hättest, wenn du nur sein Porträt kennen würdest.
 
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Diodor, 17, 1, 3 f., Historische Bibliothek
Arrian, Anabasis Alexandrou
Seneca, Epistulae morales 94, 62
Plutarch, Alexander 23
Hans-Joachim Gehrke: Alexander der Grosse. Beck, München, 1996
Pierre Briant: Alexander, Eroberer der Welt. Maier, Ravensburg, 1990