Antisthenes vertrat das IdealInbegriff der Vollkommenheit; erstrebenswertes Ziel, Wunschbild. der Entbehrung. Sein Porträt, das ihn mit wirrem
Bart und zerzaustem Haar zeigt, bekräftigt die Behauptung, dass er auch auf seine
äußere Erscheinung nicht sonderlichen Wert gelegt hat.
Hermenbüste des Antisthenes
Zur Person
Antisthenes lebte um 455 - 360 v. Chr. in Athen. Er war einer der wichtigsten
Schüler des Sokrates. Antisthenes gilt als Gründer der Philosophenschule der
KynikerVertreter der kynischen Philosophenschule und damit Anhänger des Schulgründers Antisthenes, der Bedürfnislosigkeit und Selbstgenügsamkeit lehrte und lebte., deren bekanntester Vertreter Diogenes war.
Wegen seiner Strenge war Antisthenes bei einigen seiner Zeitgenossen gefürchtet;
andere schildern ihn als gewinnenden Gesprächspartner. Platon beschreibt ihn als freudlos,
aber nicht unedel.
Von seinen Schriften, die zumeist in Dialogform verfasst waren, sind etwa 60 dem Titel
nach bekannt. In ihnen behandelte er Themen aus unterschiedlichen Bereichen, u.a. der
Erkenntnistheoriedie Lehre von der Erkenntnis; meint im weiteren Sinne alle philosphischen Untersuchungen, die sich mit dem Phänomen des Erkennens befassen, z. B. Logik, Methodenlehre, die frühere Psychologie, Teile der Wissenschaftstheorie, Wissenssoziologie, Metaphysik der Erkenntnis; im engeren Sinne umfasst sie die erst in der neueren Philosophie entstandene Wissenschaft von dem Ursprung, den Bedingungen, dem Umfang und den Grenzen der Erkenntnis., der LogikLehre von der Folgerichtigkeit; die Tradition unterschied zwischen der reinen und angewandten Logik. Zur reinen Logik gehörte die Lehre vom Begriff, Urteil und Schluss. Die angewandte Logik umfasste die Lehre von der Definition, vom Beweis und der Methode. Die Logik als die Grundlage und Voraussetzung jeden exakten Denkens wurde von Aristoteles begründet., der Ethikdie philosophische Wissenschaft vom Sittlichen; befasst sich mit den sittlichen Normen, Werten und Anschauungen, insbesondere im Hinblick auf ihre Begründbarkeit; als Begründer der Ethik als Disziplin gilt Aristoteles. sowie der Homerinterpretation und der RhetorikRedekunst; Lehre von der wirkungsvollen Gestaltung der Rede..
In seinen Schriften zur Ethik vertrat Antisthenes das Ideal der Entbehrung, die zur Freiheit
von Abhängigkeiten führen sollte. Erhalten sind neben Bruchstücken nur die von Antisthenes
verfassten, fiktiven Reden des "Aias" und "Odysseus".
Hermenbüste des Antisthenes
Zum Bild des Antisthenes in der antiken Literatur
Es ist überliefert, dass Antisthenes die Lehre, die er verkündete, auch selbst
lebte. Dementsprechend lehnte er jede Art von Bequemlichkeit und Genuss ab, die
über die einfachsten Bedürfnisse hinausging. Die Pflege des Körpers
war ihm darum nicht wichtig; er vernachlässigte seine äußere Erscheinung beinahe
bis zur Verwahrlosung.
In der antiken Literatur werden keine Statuen des Antisthenes erwähnt; doch fand
man vor einiger Zeit die Basis einer Statue des Philosophen in Ostia, auf der neben
seinem Namen auch noch der Name eines Künstlers, Phyromachos, aufgeschrieben ist.
Dieser Phyromachos arbeitete für die Könige von Pergamon im 2. Jahrhundert v. Chr.
Sein Entwurf des Antisthenesporträts ist also sehr lange nach dem Tod des Philosophen
entstanden.
Hermenbüste des Antisthenes
Beobachtungen zum Porträt
Durch eine Inschrift auf einer Büste konnten Kopien des Porträts des Antisthenes
identifiziert werden, die wahrscheinlich auf den Entwurf des Phyromachos zurückgehen.
Die Büste im Vatikan zeigt Antisthenes als bärtigen alten Mann mit zerwühltem Haar.
Der Blick ist ernst; die Brauen sind in einem Ausdruck der Konzentration zusammengezogen.
Der Mund scheint wegen Zahnlosigkeit eingefallen.
Im Vergleich zu anderen Kopien sind die Alterszüge und die zerzausten Haare an
diesem Bildnis im Vatikan allerdings abgemildert; das Porträt wirkt geschönt, so
dass die von Platon erwähnten edlen Züge des Denkers Antisthenes stärker zur
Geltung kommen.