Sophokles galt in der Antike als bemerkenswert schöner Mann.
Würde sein Porträt diesen Eindruck wohl auch aus heutiger Sicht von ihm vermitteln?
Statue des Sophokles "Lateran"
Zur Person
Sophokles lebte von 496 − 406 v. Chr. in Athen, wo er neben Aischylos und Euripides als einer der drei großen
klassischen Tragödiendichter tätig war; in einigen seiner Stücke trat er selbst auf. Sophokles besetzte mehrmals
hohe Staatsämter: Er war u.a. Schatzmeister des Attischen SeebundesVereinigung griechischer Staaten unter Führung Athens (378−354 v. Chr.); der Seebund galt als politisches Machtinstrument und sollte in diesem Fall v.a. ein Gegengewicht gegen spartanische Vormachtbestrebungen darstellen, Strategegewählter Führer des Heeres einer griechischen Stadt. neben Perikles, Mitglied
der oligarchischen Regierung(oligarchische Regierung), die Herrschaft einer kleinen Gruppe; in der griechischen Staatstheorie als Verfallsform der Aristokratie beschrieben. sowie Priester des Asklepiosgriechischer Gott der Heilkunde, wohl ursprünglich in Schlangengestalt verehrt; daher sein Schlangenstab; in Rom als Äskulap verehrt..
Der Dichter trug wesentlich zur Weiterentwicklung der attischen Tragödie bei. Zu seinen bedeutenden Neuerungen
gehören die Einführung des dritten Schauspielers, die Vergrößerung des Chors von 12 auf 15 Mitglieder und
die Einführung gemalter Bühnenbilder. Sophokles löste die einzelnen Theaterstücke aus dem Zusammenhang der TrilogieFolge von drei selbständigen Werken, die aufeinander bezogen eine Einheit bilden; im griechischen Altertum drei hintereinander aufgeführte Tragödien..
Von seinen Stücken sind 123 dem Titel nach bekannt, aber nur 7 Stücke, die sich durch die Gestaltung
der Einzelpersönlichkeiten auszeichnen, sind vollständig erhalten: "Aias", "Antigone", "Elektra", "König Ödipus",
"Trachinierinnen", "Philoktet" sowie "Ödipus auf Kolonos". Durch einen PapyrusfundBeschreibstoff des Altertums, der aus dem Mark der Stengel von Papyrusstauden gewonnen wurde. Papyri wurden zu Schriftrollen aufgewickelt. Die Herstellung von Papyrus ist in Ägypten schon um 3000 v. Chr. bezeugt. kamen 400 Verse,
ca. die Hälfte des Satyrspiels "Ichneutai" (= "Spürhunde"), hinzu.
Die Figuren des Sophokles bewähren sich oder scheitern in tragischen Situationen, in denen gottgesandtes Schicksal
und persönliche Schuld ineinander greifen. Die Konflikte, die der Dichter behandelt, sind noch immer aktuell,
z.B. die bis heute häufig aufgeführte Tragödie "Antigone", deren Titelheldin sich zwischen den Gesetzen ihrer Stadt
und der frommen Pflicht, ihren im Bürgerkrieg gefallenen Bruder zu begraben, entscheiden muss.
Sophokles starb im hohen Alter von 90 Jahren; sein letztes Stück, "Ödipus auf Kolonos",
wurde erst nach seinem Tod 406 v. Chr. uraufgeführt.
Zum Bild des Sophokles in der antiken Literatur
In seiner Jugend war Sophokles bemerkenswert gutaussehend, so dass er mit 16 Jahren zum Anführer des Chores erwählt
wurde, der den Paianfeierlicher Gesang; eine Art Chorlied, das besonders dem Gott Apoll zu Ehren und zum Dank gesungen wurde. nach dem Sieg bei SalamisSeeschlacht zwischen der Flotte Xerxes I und der griechischen Flotte während der Perserkriege 480 v. Chr. in der Meerenge zwischen Salamis und der attischen Küste. vortrug.
Noch in seiner Grabinschrift wird er als schöner Mann gerühmt.
Nach seinem Tode wurde Sophokles als HerosBezeichnung für einen zwischen Göttern und Menschen stehenden Helden, einen Halbgott, der große Taten vollbringt. verehrt, weil er sich um die Einführung des Asklepios-KultesVerehrung des Gottes der Heilkunde (=Asklepios). Verdienste
erworben hatte; ihm zu Ehren wurden Statuen aufgestellt. Wahrscheinlich errichtete sein Sohn Iophon schon bald nach
dem Tod des Sophokles eine Statue für seinen Vater. Die Statue stand gemeinsam mit Statuen des Aischylos
und Euripides im Dionysos-Theater von Athen, dem Ort, wo die Tragödien der berühmten Dichter aufgeführt wurden.
Diese Ehrung erfolgte um 330 v. Chr., also lange nach dem Tod des Euripides. Stifter der Statuen war Lykurgosathenischer Politiker und Redner, lebte von etwa 390 bis 324 v. Chr.; als Leiter der Staatsfinanzen ließ er seit 338 zahlreiche Bauten und Statuen in Athen errichten, um an die große kulturelle Tradition der Stadt anzuknüpfen.,
der auch dafür sorgte, dass die Werke dieser Dichter in zuverlässigen Ausgaben schriftlich niedergelegt wurden.
Beobachtungen zum Porträt
Verschiedene Porträttypen des Sophokles wurden in römischer Zeit durch Kopien vervielfältigt.
Zwei dieser Porträttypen lassen sich identifizieren, weil es Kopien mit Namensaufschriften gibt.
Doppelherme Sophokles und Euripides
Statue des Sophokles 'Lateran'
Sophokles wird in der Büste in Neapel als würdiger Greis porträtiert. In Stirn und Wangen graben sich Falten ein.
Sein Gesicht wird von einem sorgfältig in Form gebrachten Bart und halblangen Haaren gerahmt.
Ein schmales Band liegt um den Oberkopf. Vielleicht wird Sophokles damit als Priester oder gar als Heros charakterisiertdargestellt, gekennzeichnet.. Dazu passt der ernste, nachdenkliche Ausdruck des Bildnisses.
In dieser Statue in den Vatikanischen Museen tritt Sophokles als selbstbewusster, vornehmer Bürger Athens auf.
Er trägt einen elegant um seinen Körper geschlungenen Mantel. Aus dem Ausschnitt schaut die rechte Hand heraus;
der angewinkelte und auf die Hüfte gestützte linke Arm verschwindet ganz unter dem Mantel.
Ein solcher Mantel ist deshalb Kennzeichen des vornehmen Mannes, weil er offensichtlich für Leute ungeeignet ist, die mit den Händen arbeiten müssen.
Der stolz erhobene Kopf zeigt Sophokles als Mann in seinen besten Jahren. Haare und Bart sind in kurze Locken gelegt.
Att. Grabstele. Berlin, Antikenslg.
Sophokles. Vatikan
Das Bildnis ähnelt sehr den Darstellungen älterer Männer auf ReliefsSkulptur auf einem flachen Hintergrund, z.B. auf einer Münze., die als Grabsteine für athenische Bürger
des späteren 4. Jahrhunderts v. Chr. aufgestellt waren. Deshalb ist dieses Porträt des Sophokles wohl eine Kopie
nach der erwähnten Statue aus der Stiftung des Lykurgos, die lange nach dem Tod des Sophokles in dieser Zeit
errichtet wurde.
Sophokles wird hier als typischer Vertreter Athens dargestellt, als Dichter, der in dieser Zeit bereits
als Klassiker galt. Im Entwurf wurden keine individuellen Eigenheiten berücksichtigt.
Das entspricht den Nachrichten zum Aussehen des Sophokles, der als bemerkenswert schöner Mann galt;
also wird er noch hier so dargestellt, wie es dem Schönheitsideal der Zeit entsprach.